/ Home / Kammer / Presse 

 

 

Presse
Ethik-Kommission ist wertvoller Hüter von Patientenschutz und Qualitätssicherung

Die Ethik-Kommission bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz leistet für den Patienten- und Probandenschutz wertvolle und unverzichtbare Arbeit. Denn Ärztinnen und Ärzte, die ein medizinisches Forschungsvorhaben beginnen wollen, müssen sich zuvor in ethischen und rechtlichen Fragen durch die Ethik-Kommission beraten lassen. „Die Ethik-Kommission ist somit wichtige Vor- und Kontrollinstanz für das Wohlergehen von Studienteilnehmern", erklärt Professor Dr. Frieder Hessenauer, Präsident der Landesärztekammer.


Die Ethik-Kommission bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz ist eine unabhängige Einrichtung und für das gesamte Bundesland zuständig. Ihre Mitglieder und Stellvertreter werden auf Vorschlag des Landesärztekammer-Vorstandes von der Vertreterversammlung bestellt.

In der Ethik-Kommission wägen Ärzte, Juristen sowie Theologen und Vertreter vom Pflegeberufen, Sozialdiensten und Patientenorganisationen mögliche neue Erkenntnisse für die medizinische Versorgung und eventuelle Risiken und Belastungen kritisch gegeneinander ab. Dabei ist die Ethik-Kommission verpflichtet, den Schutz, die Rechte und das Wohlergehen künftiger Studienteilnehmer zu sichern und Schaden von Patienten und Probanden fernzuhalten. Hessenauer: „Patientenschutz ist somit oberstes Ziel der Arbeit der Ethik-Kommission."

Die Ethik-Kommission „ist die entscheidende Clearingstelle für den individuellen Patientenschutz, wenn es um die Forschung am Menschen geht", so Dr. Andrea Wagner, geschäftsführende Ärztin der Ethik-Kommission der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz. Die Ethik-Kommission in Mainz wurde 1980 gegründet und gehört somit zu den ältesten Einrichtungen ihrer Art in Deutschland. Rechtliche Grundlage zur Gründung der Ethik-Kommission ist das Heilberufsgesetz. In Rheinland-Pfalz ist die Ethik-Kommission - im Gegensatz zu fast allen anderen Bundesländern - bei der Landesärztekammer angesiedelt. Das garantiert Neutralität und Unabhängigkeit. Beides fördert den Patienten-und Probandenschutz.

Eingereichte Prüfpläne können wissenschaftliche und rechtliche Mängel aufweisen. Solche Gefahren müssen zum Wohle der Studienteilnehmer erkannt und beseitigt werden. „Darauf achten wir. Patienten müssen vor vermeidbaren Risiken geschützt werden", so Dr. Andrea Wagner. Der Prüfplan, die Eignung der Prüfer und seiner Mitarbeiter sowie die Qualität der Einrichtungen werden deshalb akribisch unter die Lupe genommen. Auch die Beziehung zwischen Studienauftraggeber und forschendem Arzt muss offengelegt werden. Und ganz wichtig: Eine ausführliche sowie leicht verständliche Patienteninformation und - aufklärung über die Studie muss erfolgen. Auch sollten Hausärzte über eine Studienteilnahme ihrer Patienten informiert sein. „Wir werden wegen unserer sehr kritischen Prüfung und der strengen Auflagen mitunter kritisiert. Doch der sehr hohe Standard hat seinen Grund“, berichtet Wagner.

Über den Studienantrag beraten alle Kommissionsmitglieder. Wie kritisch die Kommission prüft und bewertet zeigt sich unter anderem darin, dass bei etwa zwei Drittel der eingereichten Anträge, die Ethik-Kommission Vorbehalte äußert, die der Antragssteller noch ausräumen muss, bevor ein Votum erfolgen kann.

„Die Ethikkommission ist aus der medizinischen Forschung nicht mehr wegzudenken. Sie hat sich längst als vertrauensvolle Prüfinstanz für den Patienten- und Probandenschutz und als verlässlicher Berater für den forschenden Arzt etabliert. Somit trägt die Ethik-Kommission auch erheblich zur Qualitätssicherung in der medizinischen Forschung bei", erklären Hessenauer und Wagner übereinstimmend.

Bis ein neues Arzneimittel auf den Markt kommt, hat es einen langen Weg hinter sich: durchschnittlich dauert es von den ersten Krankheitsforschungsstudien bis zum fertigen Medikament zwölf Jahre.

Nach intensiver Forschungsphase wird der Wirkstoff Tieren verabreicht.

Nach dieser Testphase beginnt die klinische Phase, die in verschiedenen Phasen abläuft (Phase I – IV). In der Phase I wird der Wirkstoff erstmals am Menschen verabreicht („first-in-man“-Studie). Der neue Wirkstoff wird auf Verträglichkeit untersucht. Das heißt, es wird untersucht, ob die im Tierexperiment beobachteten Nebenwirkungen auch am Menschen zu beobachten sind und ob weitere Effekte auftreten. Ferner wird untersucht, wie der Wirkstoff vom menschlichen Körper aufgenommen, verstoffwechselt und ausgeschieden wird.

In der Regel nehmen lediglich wenige gesunde Freiwillige an klinischen Studien der Phase I teil. Nur wenn es um die Behandlung schwerer Erkrankungen geht und dabei schwere Nebenwirkungen zu erwarten sind (zum Beispiel Chemotherapeutika bei Krebserkrankungen), werden diese Arzneimittel ausschließlich an Patienten untersucht, für die die neue Behandlungsmethode vielleicht eine neue therapeutische Chance darstellen kann.

Phase-I-Studien finden unter strengen Sicherheitsvorkehrungen nur in besonders geeigneten Prüfzentren statt. Die Probanden werden intensiv betreut; es muss eine intensive, engmaschige Überwachung der Studienteilnehmer sichergestellt sein.

In der EU wurden die Regelungen nach dem „TeGenero“-Fall in Großbritannien noch einmal verschärft. Zur Erinnerung: Nach entsprechenden Tests an Zellkulturen und in Tierversuchen fand 2006 in einer Phase-I-Studie der erste Test eines Wirkstoff, den das Unternehmen TeGenero zur Marktreife entwickeln wollte, an Menschen statt, an dem in einer Klinik acht Probanden teilnahmen. Es kam zu schwerwiegenden Zwischenfällen bei den gesunden Probanden.

Inzwischen ist für jede Phase I-Studie eine spezielle Risikoanalyse erforderlich, um die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von unerwarteten schweren Nebenwirkungen besser einschätzen zu können. Eine wesentliche Erkenntnis aus dem TeGenero-Fall war, dass Wirkstoffe mit hohem Risiko beispielsweise bei der Erstanwendung am Menschen nicht zeitgleich mehreren Probanden verabreicht werden sollten, sondern nur nacheinander mit ausreichendem zeitlichem Abstand.

Den gesetzlichen Rahmen für die Arzneimittelprüfung legt in Deutschland das Arzneimittelgesetz fest.

Nach den noch geltenden Vorschriften des Arzneimittelgesetzes können Phase-I-Studien – wie auch alle anderen klinischen Prüfungen – nur dann durchgeführt werden, wenn sowohl eine Genehmigung durch die Bundesoberbehörde als auch eine zustimmende Bewertung der zuständigen Ethik-Kommission vorliegen. Seit 2004 müssen die Prüfungen in Europa behördlich genehmigt werden. In Deutschland prüft dies das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul-Ehrlich-Institut.

Dieses Zwei-Säulen-Modell – die parallele und gleichberechtigte Bewertung eines Forschungsantrages durch eine Bundesoberbehörde und durch eine Ethik-Kommission – ist ein wichtiges Qualitätssicherungs- und Schutzinstrument. „Der hohe Standard in Deutschland zum Wohle des Patienten- und Probandenschutzes darf auch aufgrund geplanter EU-Nivellierungen nicht gesenkt werden! Das muss so bleiben!“, fordern Hessenauer und Wagner.

Ende November 2015 hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) den Referentenentwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vorgelegt. Damit sollen im Wesentlichen Regelungen der Verordnung für klinische Prüfungen (EU) Nr. 536/2014 auf nationaler Ebene durchgeführt werden. Dringenden Nachbesserungsbedarf gibt es nach Ärzte-Ansicht bei einigen Regelungen des derzeitigen Referentenentwurfes. Wenn keine Änderungen vorgenommen werden, werde die Unabhängigkeit der Ethik-Kommissionen und deren föderales Organisationsprinzip auch durch die Ermächtigung zur Bildung einer Bundes-Ethik-Kommission gefährdet.



zurück

Copyright © 2024 Bezirksärztekammer Rheinhessen. Letzte Aktualisierung: 18.05.2018
Impressum | Datenschutz